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Kaiser Heinrich VI.: Fragen und Antworten

Wer war Heinrich VI.? Mit wem war er verheiratet? Wer war Konstanze von Sizilien? Wie wurde Heinrich VI. König von Sizilien, und wann wurde er Kaiser des Heiligen Römischen Reiches? Wie war Heinrichs VI. Verhältnis zu Heinrich dem Löwen und Richard Löwenherz? Was wollte Heinrich VI. in Byzanz? Was geschah auf dem Blutgericht von Palermo? Diese und eine Reihe weiterer Fragen, möchten wir in diesem Beitrag beantworten.

Persönlichkeit

Heinrich VI. – was war das für ein Typ?

Heinrich VI. (1165-1197) gilt in der Geschichtswissenschaft zwar als Politiker mit scharfem Verstand, muss aber gleichzeitig ein ausgewiesener Unsympath gewesen sein. Er hatte nichts von der Größe seines Vaters, Friedrich I. Barbarossa. Weder charakterlich, noch von Statur.

Im Gegensatz zu seinem Vater, soll Heinrich nur mittelgroß, klapperdürr, bleichgesichtig und – sinnbildlich ausgedrückt – schwach auf den Beinen gewesen sein. Auch, das Waffenhandwerk zu erlernen, war nicht sein Ding. Heinrich VI. war also keineswegs das, was man einen Heroen nennt. Zumindest nicht körperlich.

Aber, wie gesagt, schlau soll er gewesen sein, rabiat, gewissenlos und maßlos in der Durchsetzung seiner Ziele – ein Zyniker, Sadist und Pedant sowie darüber hinaus taktlos, missvergnügt und zugeknöpft. Er schien nicht wirklich gemocht zu werden, dafür aber gefürchtet.

Und doch, man glaubt es nicht, hat er in seiner Jugend Liebesgedichte/Minnelieder geschrieben, die anerkanntermaßen von hoher dichterischen Qualität gewesen sein sollen.

Ehestand

Wer hat Heinrichs Hochzeit mit Konstanze von Sizilien angebahnt?

Das war Heinrichs Vater, Barbarossa. Der wollte immer schon seinen Fuß auf Sizilien setzen, und beabsichtigte bereits in den 60iger Jahren des 12. Jahrhunderts, seine Tochter Beatrix mit dem normannischen König Wilhelm II. von Sizilien (1153-1189) zu verkuppeln. Daraus wurde allerdings nichts, weil Wilhelm es sich nicht mit Papst Alexander III. (1105?-1181) verderben wollte. Der Papst war nämlich nicht gut auf die Staufer im Allgemeinen und Barbarossa im Besonderen zu sprechen.

Jetzt, zu Beginn der 80iger Jahre hatte sich die Situation entschärft. Wenige Jahre zuvor, 1177, hatten nämlich Papst und Kaiser im Friedensvertrag von Venedig ihre Querelen fürs Erste ad acta gelegt. Die Ausgangslage für Barbarossas Werben um Konstanzes Hand für seinen Sohn Heinrich war also durchaus günstig. Zumal auch Konstanzes Neffe, besagter König Wilhelm II. von Sizilien, inzwischen ebenfalls seine Vorbehalte gegen die Staufer abgelegt hatte.

Womit wurde einer unerwünschten Entwicklung Siziliens begegnet?

Mit der postwendenden Einwilligung in das Ersuchen Barbarossas seitens Wilhelm II. v. Sizilien.

Denn bevor der im Hintergrund agierende Graf Tankred von Lecce (1138-1194), ein illegitimer Enkel von Konstanzes Vater, Roger II. (1095-1154), sein spürbares Interesse am normannischen Thron in die Tat umsetzen, und damit der rechtmäßigen Erbin, Konstanze, die sizilianische Krone hätte streitig machen können, gab Wilhelm II. den Weg frei für eine Verbindung mit den Staufern.

Wann und wo fand schließlich die Trauung statt?

Mit der Heiratsvermittlung wurde Wilhelms Schwiegervater, der englische König Heinrich II. Plantagenet (1133-1189) betraut. Nach einigem Hin und Her zwischen Befürwortern und Gegnern der Heiratspläne, fand dann schließlich, im Januar 1186, die mit großem Pomp ausgestattete Hochzeit zwischen Heinrich VI. und Konstanze von Sizilien in Mailand statt - der Stadt, die Friedrich I. Barbarossa vor exakt fünfundzwanzig Jahren, 1161, in Schutt und Asche gelegt hatte.

Erklärender Zusatz

Wer war Konstanze von Sizilien – und wer ihr Vater?

Konstanze von Sizilien (1154-1198) stammte aus dem Adelshaus der Hautevilles. Die Hautevilles,

  • ursprünglich in der Normandie/Frankreich beheimatet,
  • kamen zu Beginn des 11. Jahrhunderts in das südliche Italien,
  • kämpften – als Normannen – mutig und im Einvernehmen mit der Kirche gegen die muslimischen Araber,
  • hatten schließlich zu Beginn der 90iger Jahre Sizilien endgültig erobert und
  • wurden 1128 von Papst Honorius II. (um 1060-1130) für ihren Einsatz belohnt.

Roger II., Konstanzes Vater,

  • erhielt die Lehen Apulien und Kalabrien (Süditalien),
  • nutzte geschickt die Zwistigkeiten zwischen Honorius´ Nachfolger Papst Innozenz II. (1116-1143) und dessen Gegenpapst Anaklet II. (1090-1138) aus,
  • und ließ sich 1130 in Palermo von Letzterem zum König küren.

Roger II. galt als gebildet, aufgeschlossen gegenüber Kunst und Wissenschaft, übte Toleranz gegen Andersgläubige (Islam/Judentum), schuf so etwas, wie eine sizilianische Verfassung, ließ durch sein Wirken Sizilien boomen – und war dreimal verheiratet.

Aus seiner dritten Verbindung mit einer gewissen Beatrix von Rethel, stammte als einziges Kind eine Tochter, Konstanze, vor deren Geburt Roger II. allerdings verstarb.

Um Konstanzes Kindheit und Jugend ist aus den Quellen nicht wirklich viel zu erfahren. So soll sie überwiegend ein Leben im Kloster geführt haben, hatte, so heißt es, über Jahre keinerlei Interesse an ehelichen Verbindungen, bis, ja bis sie mit gut dreißig Jahren, im Januar 1186, mit Heinrich VI. verheiratet wurde. Aus dieser Beziehung stammt, ebenfalls als einziges Kind, der im Dezember 1194 geborene Stauferkaiser: Friedrich II. von Hohenstaufen.

Vier Jahre später, im November 1198, verstarb Konstanze und wurde, wie ein Jahr zuvor bereits Heinrich VI., im Dom von Palermo beigesetzt.

Privates

Wie muss man sich die Ehe Heinrichs VI. mit Konstanze vorstellen?

Schwer zu sagen. Möglicherweise wusste auch Konstanze nicht, wer das war, den sie ehelichen sollte/musste. War es der Minnelieder dichtende, oder der politisch machtorientiert agierende Finsterling Heinrich?

Gab es zwischen beiden so etwas wie gegenseitige Anteilnahme, Verständnis oder Zartgefühl, so, wie es den heute bekannten Quellen zur Folge, durchaus zwischen Barbarossa und Beatrix von Burgund gewesen sein soll? Wahrscheinlich nicht.

Eher ist anzunehmen, dass der Altersunterschied (Konstanze war gute elf Jahre älter), unterschiedliche Denkweisen oder auch das geringe Verbringen gemeinsamer Zeit (Heinrich war ständig auf Achse), nicht zu einem erquicklichen Zusammenleben geführt hat.

Alles zusammengenommen, mag das auch der Grund dafür sein, dass Konstanze erst nach neun Ehejahren mit bereits – unüblich für die damalige Zeit – Vierzig, beider einziges Kind, Friedrich II. von Hohenstaufen (1194-1250), zur Welt brachte.

Wie auch immer das eheliche Verhältnis gewesen sein mag, man weiß es nicht.

Wer torpedierte Heinrichs VI. und Konstanzes Erbansprüche auf Sizilien?

Das waren stauferfeindliche Oppositionelle, die, mit Duldung Papst Clemens III. (??-1191), einen gewissen Tankred von Lecce auf den verwaisten sizilianischen Thron gesetzt hatten sowie Tankreds Schwager, der Engländer Richard Löwenherz, der das ganze Unterfangen finanziell unterstützte.

Das, und die eigene prekäre Finanzlage waren nicht nur äußerst ungünstig, sondern verzögerten darüber hinaus Heinrichs VI. ersten Italienfeldzug. Und dann starb (1191), während Heinrich auf dem Weg nach Süden war, zu allem Überfluss auch noch der Papst, der Heinrichs Kaiserkrönung vornehmen sollte. Die, also die beabsichtigte Kaiserkür Heinrichs VI., war erst einmal vom Tisch.

Gaunereien, Schwindel, Abzocke

Wie arrangierte Heinrich VI. die Übernahme Siziliens?

Brutal, maß- und gewissenlos.

Heinrich ließ ein vorgetäuschtes Komplott gegen sich selbst initiieren, auf Grund dessen er

  • die normannischen Adeligen erst einsperren, dann hinrichten ließ.

Die freigewordenen Schlüsselpositionen besetzte er

  • mit kaisertreuen, also ihm ergebenen, Gefolgsleuten,
  • setzte seine Gattin Konstanze als zukünftige Regentin Siziliens ein,
  • stahl die Grabbeigaben Tankreds von Lecce und

deportierte dessen Familie samt Anhängern, einschließlich des überaus reichhaltigen normannischen Kronschatzes, nach Deutschland.

Der Gipfel der Perfidie aber war – sollte es tatsächlich so gewesen sein – Heinrichs Zulassen der Entmannung und Blendung des erst siebenjährigen Wilhelm (Sohn Tankreds von Lecce).

Dass Heinrich, entgegen seines Versprechens, die Genueser und Pisaner – ohne deren Hilfe die Einnahme Siziliens wahrscheinlich gar nicht möglich gewesen wäre – im Regen stehen ließ, das heißt, ihnen den Anteil an der Beute verweigerte, gereicht Heinrich VI. zwar auch nicht zur Ehre, ist aber im Vergleich zu der Verstümmelung eines Siebenjährigen möglicherweise zu vernachlässigen.

Jedenfalls, Heinrich VI. hatte jetzt – mit Fug und Recht – eine noch schlechtere Presse im Land. Es wird gesagt, dass Troubadore (mittelalterliche Dichter, Sänger), anlässlich ihrer Darbietungen an den Höfen, wenig schmeichelhafte Lieder über den ruchlosen Heinrich gesungen haben sollen.

Wie kam es zum Frieden mit Heinrich dem Löwen?

Barbarossa hatte Heinrich den Löwen 1182 nach England ins Exil geschickt, wo er auch hätte bleiben müssen. Zumal der "Löwe" seiner Zeit einen Eid geschworen hatte, keinesfalls jemals aus der Verbannung zurückzukehren.

Aber jetzt, 1189, war ihm der Schwur so etwas wie Schnee von Gestern. Heinrich dem Löwen schien schlicht die Gelegenheit günstig zu sein, wenigstens Teile seines unter Barbarossas Ägide verlustig gegangenen sächsischen Herzogtums zurückzuerobern.

Und tatsächlich war der Zeitpunkt gut gewählt. Der Welfe traf nämlich auf einen Heinrich VI., den dessen Rückkehr aus dem Exil im Augenblick nicht sonderlich interessierte.

Denn im November 1189 war der Neffe seiner Gattin Konstanze, König Wilhelm II. von Sizilien, mit sechsunddreißig Jahren und kinderlos in Palermo verstorben. Jetzt galt es, Konstanzes Erbansprüche durchzusetzen. Und, weil Heinrich VI. dafür alle Kräfte bündeln musste und den Rücken frei haben wollte, schloss er 1190 in Fulda – nicht ganz selbstlos, aber immerhin – Frieden mit dem "Löwen". Dieser Frieden wurde allerdings wenig später von Letzterem gebrochen. Zu einem endgültigen Ausgleich mit den Welfen kam es dann erst 1194.

Heinrich der Löwe konnte, nach dem Friedensschluss mit Heinrich VI., zwar einen guten Teil seiner Besitzungen behalten, musste aber – durchaus üblich zu der Zeit – einen (oder gar zwei, die Quellen widersprechen sich) seiner Söhne, Heinrich (V.), den Älteren von Braunschweig, dem König als Geisel überlassen. Sollten es doch zwei Söhne gewesen sein, soll der Braunschweiger Heinrich von seinem Bruder Lothar begleitet worden sein.

Wie ergaunerte Heinrich VI. ein erkleckliches Vermögen?

Genau genommen, durch Erpressung!

Richard Löwenherz (1157-1199) – Kreuzritter, Abenteurer und von 1189 bis zu seinem Tod als Richard I. König von England – hatte am 3. Kreuzzug (von 1189-1192) teilgenommen, und wollte 1192 endlich zurück in seine Heimat.

Da er aber, aus verschiedensten Gründen, weder beim französischen König Philipp II. August (1165-1223), noch beim Herzog Leopold V. von Österreich (1157-1194) und Heinrich VI. wohl gelitten war, alle drei ihn liebend gern hinter Gitter bringen wollten, sah Richard sich gezwungen, den Rückweg – als Pilger verkleidet – über Österreich und Deutschland zu wählen. Das war ein Fehler.

Was nämlich Philipp und Heinrich zuvor verabredet hatten, gelang, im Grunde  zufällig, dem Österreicher Leopold.

Der nahm Richard Löwenherz im Dezember 1192 gefangen, ließ ihn einsperren (angeblich auf der Burg Dürnstein/Niederösterreich), um ihn schließlich, gegen Geld, an Heinrich VI. auszuliefern.

Heinrich setzte Richard Löwenherz auf der Burg Trifels in der Pfalz fest, und hoffte fortan auf die Realisation seiner horrenden Lösegeldforderung. Die Verhandlungen – bei denen unter anderen Philipp II. August von Frankreich, Leopold V. von Österreich, der spätere König von England, Johann Ohneland (König ab 1199), Papst Coelestin III. und Richard Löwenherz siebzigjährige Mutter tüchtig mitmischten – waren allerdings zäh und zogen sich hin.

Langer Rede, kurzer Sinn

Das Lösegeld, etwa 150.000 Mark Silber, was, in Tonnage ausgedrückt, etwa 35 t entsprach, wurde schließlich an Heinrich VI. gezahlt und Richard Löwenherz nach gut vierzehn Monaten, im Februar 1194, aus der Haft entlassen.

Anmerkung

Über die tatsächlich gezahlte Größenordnung der Lösegeldforderung, stößt man in den Annalen auch hier auf widersprüchliche Bewertungen.

"Feindliche" Übernahme

Wie und womit wurde Heinrich VI. König von Sizilien?

Durch die heimliche Heirat Heinrichs des Älteren von Braunschweig (Sohn Heinrichs des Löwen und Welfe) mit Agnes (Tochter des Rheinpfalzgrafen Konrad, einem Staufer) im Februar 1194, ergab sich nicht nur eine dynastische Verbindung der Staufer/Welfen, sondern begünstigte gleichzeitig auch Heinrichs VI. Stellung im Reich. Zumal er unmittelbar darauf, im März d. J., endgültig Frieden mit den Welfen schloss.

Nun zu Hause machtpolitisch wieder halbwegs gestärkt und – dank des von Richard Löwenherz erpressten Lösegelds – finanziell gut gepolstert, konnte Heinrich VI. beherzt wieder gen Süden blicken. Im Mai 1194 zog er ein zweites Mal gegen Sizilien zu Felde. Jetzt auch erfolgreich.

Da Tankred von Lecce kurz zuvor verstorben, dessen unter Vormundschaft stehender Sohn Wilhelm keine große Gefahr darstellte und Heinrich in der genuesisch-pisanischen Flotte Unterstützung fand (die versprochene Gegenleistung wurde – schofelig, wie er war – hinterher allerdings nicht eingehalten), gestaltete sich Heinrichs Eroberungszug ausgesprochen gedeihlich.

Im November 1194 ließ er sich

  • in Palermo zum König von Sizilien krönen,
  • einen Tag später schenkte ihm Konstanze in Jesi (Region Marken/Italien) seinen einzigen Sohn, der später – als Kaiser Friedrich II. von Hohenstaufen – Furore machen sollte,
  • deckte eine angebliche Verschwörung der Familie Tankreds von Lecce auf,
  • ließ daraufhin die normannischen Oppositionellen einsperren,
  • warf sie wenig später raus aus Sizilien und
  • ordnete die politischen Verhältnisse neu.

Regentschaft

Wie, und durch wen, kam Heinrich VI. zu seiner Kaiserkrönung?

Das Pontifikat Papst Clemens III. übernahm im März 1191 der fünfundachtzigjährige Giacinto Bobone (dtsch. auch: Hyazinth Bobo), der sich – für die bis zu seinem Tod immerhin noch sieben Jahre – den Namen Coelestin III. (1106-1198) zulegte.

Zwar vollzog Coelestin Ostern d. J. schweren Herzens die Kaiserkrönung Heinrichs VI. und Konstanzes, war aber – obwohl Heinrich die ihm treu ergebene Stadt Tusculum preisgab und die vollständige Zerstörung durch die römische Soldateska zuließ (was Heinrichs Niederträchtigkeit in der Durchsetzung seiner Ziele deutlich macht) – nach wie vor not amused. Vehement lehnte er auch weiterhin die – im Grunde berechtigten – Erbansprüche Konstanzes auf das Königreich Sizilien rundweg ab.

Ebenso wie sein Vorgänger, schien ihn dabei die Angst vor der Einkreisung des Kirchenstaates durch Heinrich VI. getrieben zu haben, der im Falle der Besitzergreifung Siziliens nicht nur von Norden, sondern auch von Süden gefährlich zu werden drohte.

Konnte Heinrich VI. seinen "Erbreichsplan" durchsetzen?

Nein, das konnte er nicht!

Heinrich hatte geglaubt, seinen Fürsten das Erbrecht Siziliens schmackhaft machen zu können. Dort konnte nämlich, wie auch in Frankreich und England, der Thron an den jeweils in Frage kommenden Sohn vererbt werden. Die Krone blieb sozusagen in der Familie.

In Deutschland dagegen, wurde seit den frühesten Anfängen der passende und genehme Nachfolger von den Fürsten gewählt. Und der, der gewählt wurde, musste nicht zwingend ein Sohn sein.

Diese Gepflogenheit gedachte Heinrich VI. zu seinen Gunsten zu ändern. Mit dem listigen Hintergedanken, auf diese Weise ein für alle Mal die Fortdauer der Stauferdynastie zu festigen.

Aber, obwohl er den Fürsten im Gegenzug anbot, ihre Reichslehen ebenfalls auf die Nachkommen vererben zu dürfen und sogar anbot, das bisher praktizierte Machtmittel – die dem Kaiser erlaubte Aneignung der Hinterlassenschaft verstorbener Kirchenleute – abzuschaffen, hatte Heinrich die Rechnung ohne den Wirt, in diesem Fall mit Erzbischof Adolf von Köln, gemacht. Der Kölner Kleriker zettelte unter den Fürsten des Reiches Widerspruch zu Heinrichs Plänen an.

Ergebnis

Die Fürsten, deren Erbrecht faktisch ohnehin schon in der Praxis durchgeführt wurde, dachten nach und kamen zu dem Schluss, auf ihr Wahlrecht unter keinen Umständen verzichten zu wollen.

Da sich – wie schon erwähnt – auch Papst Coelestin III. nicht für den Plan begeistern konnte, war Heinrichs "Erbreichsplan" schließlich und endlich gescheitert. Beigetragen zu seiner Nichteinwilligung zu den Plänen Heinrichs, hatte außerdem Coelestins Missbehagen über den ihm zwar rechtlich zustehenden, aber vom Kaiser partout nicht gewährten Lehnseid für Sizilien. Und das alles, trotz ihm, dem Papst, zugesagter beträchtlicher finanzieller Vorteile.

Kaltschnäuzig wie er war, änderte Heinrich im Handumdrehen seine Pläne. Den "Erbreichsplan" ließ er kurzerhand fallen, und wandte sich den Kreuzzügen zu. Zuvor gelang ihm allerdings der pfiffige Coup, seinen zweijährigen Sohn Friedrich – es soll um Weihnachten 1196 herum in Frankfurt stattgefunden haben – von den Reichsfürsten zum römisch-deutschen König wählen zu lassen.

Was – und wer – machte Heinrich VI. in Italien das Leben schwer?

Da kam einiges zusammen. Heinrichs Versuch, Neapel im Sommer 1191 militärisch einzunehmen, scheiterte aufs Kläglichste. Dann brach unter seinen Soldaten eine Seuche aus, von der auch Heinrich erwischt wurde. Er soll so schwer erkrankt sein, dass sogar angenommen wurde, er sei verstorben. An weitere Kampfhandlungen war also nicht mehr zu denken.

War das nun schon unangenehm genug, kam auch noch die Entführung Konstanzes durch apulische Desperados, möglicherweise veranlasst durch Tankred von Lecce, hinzu. Hier gab sich Papst Coelestin III. allerdings als konzilianter Gönner. Auf sein päpstliches Geheiß hin, wurde Heinrichs Gattin zügig aus der Gefangenschaft entlassen. Aber damit waren die Gemeinheiten noch nicht ausgestanden.

Jetzt zeigte sich der Papst von seiner hinterhältigen Seite. Mit dem Abschluss des Konkordats von Gravina 1192, legten Coelestin III. und mit ihm die Kurie – die nach sizilianischem Erbrecht rechtmäßigen Erben Konstanze und Heinrich VI. dabei kess und keck ignorierend – die legitime Nachfolge der Normannenkönige auf Tankred von Lecce fest, und belehnte diesen, völlig widerrechtlich, mit dem Königreich Sizilien.

Was glaubte Heinrich VI., in Byzanz erreichen zu können?

Folgt man den Chroniken, könnte durchaus angenommen werden, dass Heinrich VI. seinem Großmachtswahn erlegen war.

Wie sonst konnte es sein, dass er glaubte, die mit Heinrichs jüngerem Bruder Philipp verheiratete Tochter des byzantinischen Kaisers Isaak II. Angelos, Irene, könnte irgendwann und irgendwie das Mittel zum Zweck sein, das seit 395 in Ost- und Westrom geteilte "Imperium Romanum" wieder zu vereinen? Natürlich unter seiner, Heinrichs, Herrschaft!

Aber tatsächlich, diese Frage stellte sich! Für Heinrich, und den Betroffenen, unverhofft, erfuhr er vom Sturz des Isaak II., der von dessen Bruder, Alexios III. Angelos, abgesetzt worden war. Heinrich muss das als Zeichen der göttlichen Vorsehung verstanden haben. Denn nichts schien ihm jetzt angemessener, als die Erbansprüche Irenes, die inzwischen (weil zum römisch-katholischen Glauben konvertiert) Irene-Maria hieß, auf den byzantinischen Thron für Bruder Philipp und dessen Gattin geltend zu machen.

Wie versuchte Heinrich, sein "Projekt" Byzanz durchzuführen?

Erreicht hat Heinrich nichts, aber durchaus daran geglaubt. Gestützt auf seine inzwischen unleugbare Machtfülle, schien es Heinrich VI. geradezu recht und billig, diesen Plan in die Tat umzusetzen.

Um das zu verwirklichen, hatte Heinrich vor, sich auf den von ihm – 1195 auf dem Hoftag von Bari – zugesagten Kreuzzug zu begeben. Mit diesem Zug unter dem Kreuz, wollte er listigerweise gleichzeitig auch Papst Coelestin III. sozusagen Honig um den Bart schmieren. War Coelestin doch nachhaltig beleidigt, dass Heinrich ihm, dem Papst, die Lehenshoheit über Sizilien nach wie vor verweigerte.

Aber: Heinrich erreichte nie Byzanz, und der Papst nahm weiterhin übel.

Wie kam es zum Blutgericht von Palermo?

Heinrich, immer noch damit beschäftigt sein Kreuzfahrerheer zusammenzustellen, sah sich unversehens einem Mordanschlag aufgebrachter sizilianischer Systemkritiker ausgesetzt, die sich gegen ihn verschworen hatten.

Heinrich ließ Kreuzzug, Kreuzzug sein und übte sich stattdessen in fürchterlichen Vergeltungsmaßnahmen. Auf dem Reichstag von Palermo 1197, der in der Tat einem Blutgericht gleichkam, rechnete Heinrich mit den Aufständischen in einer Weise ab, die einem absolut das Blut in den Adern gerinnen lassen.

So ist zum Beispiel von

  • „… mit der Säge in Stücke schneiden, auf Pfähle spießen, lebendig begraben, mit Pech bestreichen und anzünden, von einem Stein, der einem Delinquenten an die Zunge gehängt wurde, mit dem Kopf nach unten aufhängen und dem „Gegenkönig“ und Rädelsführer die unberechtigte Krone auf den Kopf nageln …“

unter anderem in S. Fischer-Fabians „Die Deutschen Cäsaren“ nachzulesen.

Zwar festigte Heinrich seine Autorität, aber die Ressentiments und die Unversöhnlichkeit der sizilianisch-normannischen Bevölkerung gegenüber allem, was deutsch war, wuchsen dramatisch.

Hat Heinrich VI. Albert von Lüttich ermorden lassen?

Nein, hat er wohl nicht. Aber, nach seiner Rückkehr aus Italien, sah sich Heinrich VI. einer Phalanx oppositioneller und auf Krawall gebürsteter Gegner gegenüber.

Den seiner Zeit in Fulda zwischen ihm und Heinrich dem Löwen geschlossenen Frieden, betrachtete Letzterer schlicht für obsolet. Gemeinsam mit seinem Sohn – Heinrich (V.) von Braunschweig und Pfalzgraf bei Rhein (um 1173-1127) – war es beiden gelungen, Heinrichs VI. Widersacher im Nordwesten Deutschlands, in Sachsen und am Niederrhein, gegen ihn, Heinrich, aufzubringen. Unschöne, bürgerkriegsähnliche Kampfhandlungen waren die Folge.

Begünstigt, und jetzt kommts, wurde der Aufstand der von England, dem Kirchenstaat und Sizilien unterstützten Oppositionellen, durch die Ermordung des Bischofs und Kardinals Alberts von Lüttich (um 1165-1191/93?). Die Gegner Heinrichs nahmen das zum Anlass, in übler Absicht das Gerücht zu streuen, Heinrich sei der vermeintliche Initiator dieser Freveltat, dieses Mordes.

Selbstverständlich erwies sich das als grober Unsinn. Bereits im Sommer 1193 wurde Heinrichs Unschuld von einer Reihe integerer Persönlichkeiten beeidet.

Tod, Nachlass, Profiteure

Was geschah, als Heinrich VI. auf der Jagd war?

Er starb! Im Spätsommer 1197 ging Heinrich VI. in der Gegend um Messina/Sizilien einem seiner Hobbys nach, der Jagd.

Gerade auf der Pirsch, soll er – unvorhergesehen und ganz plötzlich – Schüttelfrost bekommen haben. Verursacht möglicherweise durch Malaria, vielleicht auch an der Ruhr oder sogar, wie in einigen Quellen zu lesen, durch ein langsam wirkendes Gift. Verabreicht von einem seiner Höflinge. Wie auch immer! Heinrich verstarb, knapp dreiunddreißigjährig, am 28. September 1197 in Messina. Im Frühjahr 1198 wurde er im Dom von Palermo beigesetzt.

Wie empfanden die Zeitgenossen Heinrichs VI. Ableben?

Mehr oder weniger erleichtert!

Nach Heinrichs Dahinscheiden im September 1197, ging ein Aufatmen durch Sizilien, Italien und das Reich. Die Mehrzahl derer, die unter der Tyrannei Heinrichs VI. gelitten hatten, schienen ihm keine Träne nachgeweint zu haben. Im Gegenteil! Die ihm schon zu Lebzeiten nicht wohl Gesonnenen brannten geradezu darauf, ihre Vorteile aus seinem Tod zu ziehen. Zu verlockend erschienen die Möglichkeiten, sich nun über Heinrichs Hinterlassenschaft herzumachen.

Was gehörte zu diesem Nachlass?

Das war nicht wenig. Dazu gehörten, zum Beispiel,

  • die rein deutschen Gebiete,
  • Böhmen, Mähren,
  • die Lehen Pommern und Schlesien,
  • Burgund, Lothringen, das Elsass,
  • Sizilien sowie

– mit Ausnahme des, unter anderen, aus Rom, Venetien, Istrien, Spoleto, Benevent bestehenden Kirchenstaates –

  • der Rest Italiens.

Verständlich, dass da Begehrlichkeiten wach wurden, und Heinrichs letzter Wille zur Makulatur verkam. Seine auf dem Totenbett vorgetragenen letzten Empfehlungen, die von einer gewissen Milde und nicht geringen Zugeständnissen an die Kirche getragen waren, verpufften wie der Dampf aus einem Wasserkessel.

Das Königreich Sizilien – was wurde nach dem Tod Konradins daraus?

Nach der brutalen Enthauptung des letzten Staufers Konradin (*1252) 1268 auf dem Marktplatz von Neapel durch Karl I. von Anjou (*etwa 1226/°1285), übernahm der bereits 1266 von Papst Clemens IV. (*um 1200/°1268) zum König erhobene Franzose das Zepter über das Königreich Sizilien. Nach dessen Vertreibung, anlässlich der „Sizilianischen Vesper“ Ostern 1282, riss sich Peter III. aus dem Hause Aragón (*1240/°1285) als Peter I. (-> "von Sizilien") die Insel unter den Nagel.

Über die folgenden Jahrhunderte kamen und gingen dann die

  • Spanier,
  • Savoyer,
  • Habsburger und
  • Bourbonen -

bis, ja, bis 1860 Giuseppe Garibaldi das so genannte „Königreich beider Sizilien“ (-> die Insel Sizilien und das Königreich Neapel) mit dem Königreich Sardinien-Piemont vereinte.

Aber, schon ein Jahr später, 1861, gingen beide Konstrukte im von König Viktor Emanuel II. (*1820/°1878) regierten Königreich Italien auf, das bis 1946 existierte. Zwei Jahre später, 1948, mit der in Kraft tretenden republikanischen Verfassung, wurde aus all dem Vorausgegangenen schließlich und endlich die parlamentarische "Republik Italien". 

Wer profitierte vom Tod Heinrich VI.?

Heinrichs Ehegespons, die hinterbliebene Witwe Konstanze von Sizilien, brach alle Kontakte zu Deutschland ab, verzichtete auf ihren Anspruch der Krone, setzte sich vehement für ihren dreijährigen Sohn, Friedrich, ein, ließ ihn im Mai 1198 zum König von Sizilien krönen und stellte ihn unter die Vormundschaft Papst Innozenz´ III. (1160/61?-1216; Papst von 1198-1216).

Der wiederum nutzte das Dahinscheiden Heinrichs VI. umgehend, um seinen – und damit den kirchlichen – Machtbereich territorial zu festigen, was ihm auch gelang. Aufgrund der dem Papst zustehenden Lehenshoheit ohnehin schon gefühlter Herrscher über Sizilien, wurde Innozenz III. durch die Vormundschaft quasi auch Regent des Stauferreiches – was einem gewissen Markward von Annweiler absolut nicht gefiel.

Dem, ehemals und immer noch, treu und ergeben hinter Heinrich VI. stehenden Markward – seit 1195 Herzog von Ravenna – gelang es tatsächlich, Sizilien noch einmal für die Staufer zurückzuerobern. Für die ihm verbliebenen Jahre – von 1198/99 bis zu seinem Tod 1202 – übte er anschließend sogar die Regentschaft über Sizilien aus.

Aber, das war lediglich ein Interimszustand. Nach Markwards Ableben, hatten die Staufer – abgesehen vom späteren Friedrich II. von Hohenstaufen – auf  Sizilien erst einmal so gut wie ausgespielt.

Alles in allem war in der Folge nichts mehr so, wie zu Heinrichs VI. Zeiten. Die Macht der Könige wurde im Laufe der Zeit geschwächt, die der Kirche unter Papst Innozenz III. dagegen zunehmend gestärkt. Dennoch dauerte es noch gute siebzig Jahre, bis die Herrschaft der Staufer 1268 mit der Hinrichtung Konradins (1252-1268), des letzten der "Mohikaner" aus der Dynastie der Staufer, endgültig erlosch.

Autor:

Quellen:

  • "Friedrich Barbarossa" (Knut Görich/Verlag C.H. Beck, München)
  • "Friedrich II." (Olaf B. Rader/Verlag C.H. Beck, München)
  • "Die Staufer und ihre Zeit" (Annette Großbongardt, Dietmar Pieper, Hg./DVA: Spiegel Buchverlag)
  • "Die deutschen Cäsaren" (S. Fischer-Fabian/Droemer Knaur Verlag)
  • "Deutsche Geschichte: Bd. 2" (Heinrich Pleticha, Hg./Bertelsmann Lexikon Verlag)
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