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Kaiser Karl IV.: Fragen und Antworten

Wie und mit wem ist die Dynastie der Luxemburger ganz oben angekommen? Wer war Karl IV.? Wie oft war er verheiratet? Wie oft wurde Karl IV. gekrönt und gesalbt? Was wurde aus seinem Sohn Sigismund von Luxemburg? Was ist die "Goldene Bulle", und was bezweckte Karl IV. damit? Welche Aufgaben wurden den "Sieben Kurfürsten" zugeschrieben? Warum wird Prag als "Goldene Stadt" bezeichnet? War Karl IV. 1349 in die Judenverfolgung involviert? Wer war der letzte Kaiser aus dem Haus der Luxemburger? Diese und andere Fragen möchten wir in diesem Beitrag beantworten.

Einführung

Wer waren/sind Luxemburg und die Luxemburger?

Das Großherzogtum Luxemburg, Gründungsmitglied der 1957 gegründeten Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und heute Sitz diverser EU-Institutionen, ist eine parlamentarische Erbmonarchie. Staatsoberhaupt seit 2000 ist der Großherzog Henri von Nassau-Weilburg (*1955), Regierungschef, also Staats- und Premierminister, zurzeit (2022) Xavier Bettel.

Gründervater Siegfried

Das mit dem Vertrag von Benelux 1958 mit Belgien und den Niederlanden (Beneluxstaaten) zu einer Wirtschaftsunion vereinte Luxemburg, wurde 963 von einem Grafen namens Siegfried gegründet. Der ließ auf dem Gebiet der heutigen Stadt Luxemburg eine mit dem Namen Lucilinburhuc (Lützelburg) bezeichnete Befestigungsanlage errichten, und gilt als Urvater der Dynastie der Luxemburger.

Aufstieg

In den auf Siegfried folgenden Jahrhunderten wuchsen die Luxemburger zu einer mächtigen Dynastie, die sich auch über Luxemburg hinaus etablieren konnte und im 14. und 15. Jahrhundert, zwischen 1308 und 1437, drei römisch-deutsche Kaiser:

  • Heinrich VII. (1278-1313),
  • Karl IV. (1316-1378) und
  • Sigismund (1368-1437)

sowie zwei römisch-deutsche Könige:

  • Wenzel II. der Faule (1361-1419) und
  • Jobst von Mähren (1351-1411)

stellte.

Die markanteste Herrscherpersönlichkeit aus dieser Riege war zweifelsohne Karl IV.

In Prag geboren, in Paris aufgewachsen und von seinem Vater Johann, dem Blinden, als Verwalter Böhmens und Mährens eingesetzt, stieg Karl ab seinem dreißigsten Lebensjahr relativ rasch zum römisch-deutschen König (1346), König von Böhmen (1347) und schließlich zum römisch-deutschen Kaiser (1355) empor.

Ausdehnung und Niedergang

Mit Karl IV. beherrschten die Luxemburger flächenmäßig ein Territorium, das in der Größenordnung bis dahin von keinem anderen Adelsgeschlecht erreicht worden war. Mehr durch kaufmännisches Geschick und kluge Heiratspolitik, als durch Eroberungskriege erreicht, hinterließ Karl IV. seinen Erben einen Machtbereich, der - unter anderen - Böhmen, Mähren, Ungarn, Schlesien, Brandenburg, Luxemburg und Brabant (Teile der Niederlande und Belgiens) umfasste. Aber, nach Karl IV. ging es mit den Luxemburgern bergab.

Seine Söhne und Nachfolger, Wenzel IV. von Luxemburg und Sigismund von Luxemburg, konnten das Erreichte des Vaters nicht halten. Die immerhin von 1308 bis 1437 andauernde Vormachtstellung der Luxemburger als dominierende Herrscherdynastie des Heiligen Römischen Reiches zerfiel.

Weitere Entwicklung

In der weiteren wechselvollen Geschichte spielten in Luxemburg – zum Beispiel –

  • das Haus Burgund, die Habsburger und Frankreich eine wesentliche Rolle,

im 19. Jahrhundert folgten eine Personalunion mit den Niederlanden, eine Neutralitätserklärung sowie die Wahl Adolphs von Nassau-Weilburg (1817-1905) zum Großherzog von Luxemburg.

Und im 20. Jahrhundert trat Luxemburg unter anderem

  • 1945 den Vereinten Nationen,
  • 1949 der Nato,
  • 1985 dem Schengener Abkommen und
  • 1999 der Europäischen Währungsunion

bei.

Herkunft und Wirken

Wer war Karl IV. von Luxemburg?

Karls Vorfahren väterlicherseits, die Luxemburger, stammten aus dem deutsch-französischen Gebiet zwischen Maas und Mosel und beriefen sich herkunftsseitig auf die Karolinger. Mütterlicherseits wurde Karls Herkunft vom böhmischen Adelsgeschlecht der Premysliden geprägt.

Qualifikation

Karl IV., außerordentlich gebildet, belesen und sprachbegabt, gehört zu den bedeutsamsten Herrscherpersönlichkeiten des Mittelalters.

  • Karl verfasste eine von der Geburt bis zu seiner Kaiserkrönung 1355 reichende Selbstbiographie,
  • schuf mit der so genannten "Goldenen Bulle" so etwas wie ein Grundgesetz des Heiligen Römischen Reiches, das bis 1806 Gültigkeit hatte,
  • sorgte für den wirtschaftlichen Aufschwung von Handel und Handwerk,
  • förderte den kulturellen und geistigen Austausch zwischen Ost und West,
  • und erwies sich, ohnehin mit einer stattlichen Reihe von Königs- und Herzogshäusern (z.B. Frankreich, Burgund, Österreich) versippt und verschwägert, zwecks Erweiterung seines Herrschaftsgebietes als geschickter Heiratspolitiker.

Politik und Strategie

Als streng gläubiger Christ, verzichtete Karl weitestgehend auf die bis dahin üblichen Auseinandersetzungen mit den Päpsten (das waren während seiner Regierungsjahre als König und Kaiser die in Avignon amtierenden Päpste Clemens VI., Innozenz VI., Urban V. und Gregor XI.).

Und, obwohl er von einem politischen und/oder militärischen Engagement in Italien nichts hielt, bemühte er sich doch, die Idee des Heiligen Römischen Reiches lebendig zu erhalten.

In der Absicht, dem Reich ein Zentrum nach den Vorbildern Konstantinopels, Paris´ oder Roms zu geben, wurde Prag unter Karls Ägide nicht nur zu seiner bevorzugten Residenz, sondern auch so etwas wie eine europäische Metropole der Zeit.

Um für dieses und andere kostspielige Anliegen seine ewig klamme Kasse aufzubessern, verpfändete er, nicht immer zur Freude seiner Zeitgenossen, sogar eine Reihe seiner Besitzungen.

Seine karge Freizeit verbrachte Karl IV. auf der von ihm 1348 in Auftrag gegebenen Burg Karlstein nahe Prag, die, unter anderem, auch der Aufbewahrung seiner „hobbymäßig“ betriebenen Sammlung von Reliquien und Reichskleinodien diente.

Wertschätzung

Karl IV.

  • ab 1346 zuerst Gegenkönig Ludwigs IV. des Bayern (1281-1347),
  • dann römisch-deutscher Alleinkönig,
  • ab 1347 König von Böhmen,
  • ab 1355 römisch-deutscher Kaiser und
  • ab 1365 König von Burgund

gilt heute rückblickend, wie schon gesagt, als einer der ganz Großen unter den Herrschern des Mittelalters.

Viermal verheiratet, hinterließ er seinen Kindern, von denen es Wenzel IV. und Sigismund zu einiger Beachtung gebracht haben, ein zuvor in seiner Größe von einem Adelsgeschlecht nie erreichtes Herrschaftsgebiet. Gute sechzig Jahre nach Karls Tod allerdings, fiel dessen umfangreichster Teil an die Habsburger. 

Familie und Päpste

Wer waren Karls Eltern, Ehefrauen, Kinder und die päpstlichen Weggefährten?

Vater

  • Johann von Luxemburg, der Blinde (1296-1346), König von Böhmen,

Mutter

  • Elisabeth (1292-1330), aus dem böhmischen Fürstengeschlecht der Premysliden,

Ehen

  • 1329 bis 1348 mit Blanca Margarete von Valois, 2 Kinder,
  • 1349 bis 1353 mit Anna von der Pfalz, 1 Kind,
  • 1353 bis 1362 mit Anna von Schweidnitz, 2 Kinder,
  • 1363 bis 1378 mit Elisabeth von Pommern, 6 Kinder

Kinder

Von den fünf Töchtern und sechs Söhnen hier nur die beiden später zu einiger Bedeutung gekommenen Söhne:

  • Wenzel IV. von Luxemburg (1361-1419), aus Karls IV. 3. Ehe: König von Böhmen,
  • Sigismund von Luxemburg (1368-1437), aus Karls IV. 4. Ehe: Kurfürst von Brandenburg, König von Böhmen, Ungarn und Kroatien sowie römisch-deutscher König (ab 1411) und Kaiser (ab 1433)

Päpste

  • Clemens VI. (1290-1352), Papst von 1342 bis 1352,
  • Innozenz VI. (1285-1362), Papst von 1352 bis 1362,
  • Urban V. (1310-1370), Papst von 1362 bis 1370,
  • Gregor XI. (1329-1378), Papst von 1370 bis 1376 in Avignon, bis 1378 in Rom

Goldene Stadt

Was hat Karl IV. mit Prag zu tun?

Im Jahr 1316 in Prag geboren, hatte Karl IV. schon von Jugend auf eine besondere Affinität zu seiner Geburtsstadt. Nach seiner Kaiserkrönung 1355, machte er Prag nicht nur zur ersten festen Haupt- und Residenzstadt des Heiligen Römischen Reiches, sondern legte 1348 mit dem Bau einer dreieinhalb Kilometer langen Stadtmauer auch den Grundstock zu einer sich beständig weiterentwickelnden europäischen Metropole.

Mit dieser Maßnahme, die gleichzeitig eine bauliche Umgestaltung vorhandener Strukturen zur Folge hatte, entstand mit der "Prager Neustadt" ein um das dreifache vergrößertes Stadtgebiet. Und denjenigen, die sich in dem neugeschaffenen Siedlungsgebiet – zwischen Wenzelsplatz, Karlsplatz und Heumarkt – niederlassen wollten, versprach Karl eine zwölfjährige Steuerfreiheit.

Darüber hinaus sind noch heute, unter anderem,

  • die 1348 gegründete älteste Universität (Karlsuniversität),
  • die Ausgestaltung der Prager Burg (heute: Residenz des tschechischen Präsidenten) auf dem Hradschin, das ist ein Hügel am linken Moldauufer – Kleinseite genannt,
  • die Karlsbrücke mit dem Altstädter Brückenturm sowie
  • die Inangriffnahme des Wiederaufbaus der St.Veits Kathedrale (Veitsdom) im gotischen Stil

mit seinem Namen verbunden.

Ob nun aber die Bezeichnung Prags als "Goldene Stadt" auf Karl IV., der vermeintlich die Türme der Prager Burg vergolden ließ, oder aber auf den späteren Kaiser Rudolf II. (1552-1612), der angeblich die im "Goldenen Gässchen" nach Gold suchenden Alchimisten unterstützt haben soll, zurückzuführen ist, scheint nicht wirklich geklärt zu sein.

Fakt bleibt, dass die Hauptstadt Tschechiens seit Generationen von Einheimischen und Touristen mit den Attributen "„Paris des Ostens“ und/oder „Goldene Stadt“ belegt wird.

Feierliche Handlungen

Wie oft wurde Karl IV. sowohl zum König, als auch zum Kaiser gekrönt?

Genau genommen, sechsmal! Aber warum und wieso?

Voraus geschickt

Nach der Ermordung Wenzels III. (1289-1306), des letzten Königs aus dem Adelsgeschlecht der Premysliden, begann – was auch sonst – unter den böhmischen Adeligen ein Gerangel um die Nachfolge.

Der gegen den Widerstand der Habsburger 1307 zum König von Böhmen gewählte Heinrich von Kärnten (1265-1335), ohnehin im Lande weitestgehend unbeliebt, wurde – mit der von den böhmischen Oppositionellen angeforderten Unterstützung des römisch-deutschen Königs Heinrich VII. von Luxemburg (1278-1313) – 1310 abgesetzt und des Landes verwiesen.

Durch geschicktes Ausnutzen der Situation (wie ganz genau, ist nicht auszumachen), gelang es Heinrich VII., seinen  Sohn, Johann den Blinden (1296-1346), auf Böhmens Thron zu setzen. Damit war der Grundstein der späteren luxemburgischen Hausmacht gelegt. Johann heiratete zweimal. Aus der 1310 geschlossenen ersten Ehe mit einer gewissen Elisabeth aus der Familie der Premysliden, stammten sechs Kinder.

Eines von ihnen war Karl IV. Und Karl machte das, was heute Karriere genannt würde.

Ablauf

Vom Vater 1334 zum Markgrafen von Mähren gemacht, mit administrativen Aufgaben betraut und nach dem Rückzug Johanns aus den Regierungsgeschäften sozusagen zu dessen Vertreter avanciert, wurde Karl im Juli 1346 auf Betreiben Papst Clemens´ VI. von fünf der sieben Kurfürsten in Rhens (Rheinland-Pfalz) zum Gegenkönig Ludwigs IV. des Bayern (1282-1347) gewählt und im Dezember d. J. in Bonn zum römisch-deutschen König gekrönt.

Ein Jahr später, im September 1347, wurde Karl König von Böhmen.

Und, nachdem im Oktober 1347 Ludwig IV. anlässlich einer Bärenjagd verstorben war, und Karl sich im Mai 1349 gegen eine beträchtliche Summe Geldes den Verzicht des Gegenkönigs, Graf Günther von Schwarzburg (1304-1349), auf Amt und Titel erkauft hatte, wurde er im Juni/Juli 1349 ein zweites Mal, Ordnung muss sein, in Frankfurt (Main) zum römisch-deutschen König gewählt und in Aachen gekrönt.

Jetzt allerdings in Eintracht aller sieben Kurfürsten. Günther von Schwarzburg konnte die Früchte seines Verzichts, das Geld, nicht mehr genießen. Er hatte bereits Ende Juni d. J. das Zeitliche gesegnet.

Im Januar 1355, Karl IV. befand sich auf seiner ersten Italienreise (1354/1355), krönten ihn die Mailänder zum König von Italien, schließlich, im April 1355, ließ ihn der in Avignon amtierende Papst Innozenz VI. von einem päpstlichen Gesandten zum römisch-deutschen Kaiser krönen, und schlussendlich, im Juni 1365, wurde Karl IV. in Arles zum König von Burgund ggekrönt.

Patzer

Was führte während Karls IV. Regierungszeit zur Judenverfolgung?

Vordergründig war es wohl die zwischen 1347 und 1352 in Europa grassierende Pest, die zu Beginn der Regierungszeit Karls IV. zu einem grauenhaften Judenpogrom führte.

Die Mehrheit einer bildungsfernen, abergläubischen, unaufgeklärten Unterschicht sah nämlich in der mit katastrophalen Auswirkungen einhergehenden Seuche eine Strafe des Himmels, und lastete diese "Geißel der Menschheit" unreflektiert der ohnehin ungeliebten jüdischen Bevölkerung an. Die Vorurteile gegenüber der in weiten Teilen überlegenen jüdischen Mitbürger führte zu unkontrollierten Auswüchsen und ungeahnt fürchterlichen Exzessen.

Da half es auch nichts, dass die Juden bereits seit

  • Karl dem Großen unter dem Schutz des Königs/Kaisers standen,
  • vom Stauferkaiser Friedrich II. wegen ihres Wohlverhaltens in Steuerabgaben als sogenannte "Kammerknechte" mit Privilegien ausgestattet waren sowie 
  • von Karls IV. Großonkel, des Erzbischofs und Kurfürsten Balduin von Luxemburg/Trier (1285-1354), in der Finanz- und Steuerverwaltung eingesetzt wurden.

Obwohl Karl IV. sich, wie auch eine Reihe anderer Landesfürsten, im Prinzip entschlossen gegen die Verfolgung und Ermordung der Juden stellte, ist ihm ein fatales Fehlverhalten letztlich nicht abzusprechen.

Wie in einer Handvoll Urkunden nachzulesen, nutzte auch Karl – vielleicht nicht unbedingt die Gunst – aber doch die Gelegenheit der Stunde, um, sozusagen, zum stillen Teilhaber jüdischen Besitzes zu werden.

So wurde zum Beispiel die jüdische Gemeinde Nürnbergs, neben Prag ebenfalls Residenzstadt Karls, im Dezember 1349 mit seiner Billigung, vornehmlich wegen zu erwartender marktwirtschaftlicher und verkehrstechnischer Vorteile, rigoros platt gemacht.

Während sich Prag unter Karl IV. in der Folge zu einem wichtigen jüdischen Zentrum Europas entwickelte, galt/gilt Nürnberg nunmehr als Synonym für die Schattenseiten in Karls Tun und Wirken.

Aber, auch das sei gesagt: Schon ein Jahr später (1350), soll Karl das von ihm stillschweigend hingenommene Massaker in Nürnberg zutiefst bedauert haben. Ob aus persönlichem Schuldeingeständnis, oder wegen des daraus entstandenen wirtschaftlichen Schadens? Man weiß es nicht! Was, bei aller anerkannten historischen Größe Karls IV., bleibt, ist aber letztlich doch ein Fleck auf seiner bis dahin weißen Weste. 

Diplomatie

Warum wird Karl IV. auch als Friedenskaiser bezeichnet?

Zum einen, weil er sich weniger mit Expansionsgelüsten auf Basis kriegerischer Auseinandersetzungen beschäftigte, sondern auch den von seinen Vorgängern heiß umkämpften Süden (Italien) des Heiligen Römischen Reiches mied, wie der Teufel das Weihwasser. Zum Anderen, weil er sich vielmehr um die Erhaltung kultureller, wirtschaftlicher, politischer und religiöser Werte einer sich im Wandel begriffenen Zeit einsetzte.

Frei nach dem Motto: Besser der Spatz in der Hand, als die Taube auf dem Dach, schien ihm seine Einflusssphäre über Mitteleuropa zu genügen.

Klug nutzte, lenkte und protegierte Karl IV. wirtschaftliche Strukturen, wie zum Beispiel den Handelsverkehr, das Handwerk und die zunehmende Prosperität der Städte mit deren immer selbstbewusster werdenden Bürgern.

Er einte weitestgehend die konkurrierenden Adeligen des Reiches, schuf mit der "Goldenen Bulle" so etwas wie ein Grundgesetz des Heiligen Römischen Reiches, das bis 1806 Gültigkeit hatte, und sorgte mit ausgedehnten Reisen durch seine Besitztümer und Ländereien für Präsens und Volksnähe.

Darüber hinaus verstand es Karl IV. aufs Vortrefflichste, mit Diplomatie, geschickter Verhandlungsführung und ausgebuffter Heiratspolitik, Ruhe in seinem Vielvölkerstaat zu schaffen.

Goldene Bulle

Was ist eine "Bulle"?

Eine Bulle (lat. bulla = Kapsel) war im Mittelalter ursprünglich ein Metallsiegel. Angeheftet an Verordnungen, Weisungen oder staatstragenden Beschlüssen weltlicher Herrscher und geistlicher Fürsten.

Päpstliche Erlasse wurden im Sprachgebrauch Bullen genannt, deren Siegel lange Zeit aus Blei bestanden. Im Laufe der Zeit wurden die Siegel allerdings immer prunkvoller, bis schließlich für als besonders wichtig erachtete Urkunden goldene Siegel benutzt wurden. Daraus entstand der aufgewertete Begriff "Goldene Bulle".

Was wurde in "Bullen" festgehalten?

In den Erlassen/Bullen – später Goldene Bullen – wurden außerordentlich wichtige und weittragende Gesetze festgeschrieben. So zum Beispiel die Gesetze des Deutschen Bundes oder in der bekanntesten – der Goldenen Bulle Kaiser Karls IV. von 1356 – die wesentlichen Regeln deutscher Königswahlen und der damit verbundenen Aufgaben und Pflichten der sieben Kurfürsten.

Die Modalitäten der deutschen Königswahl waren in dieser Goldenen Bulle derart exakt festgehalten, dass bis ins Jahr 1806 weder Ergänzungen noch Änderungen notwendig wurden.

Was hat Karl IV. mit seiner "Goldenen Bulle" erreicht?

Zum einen sollte die Festlegung der Regeln zur deutschen Königswahl ausschließlich den sieben höchsten Fürsten des Heiligen Römischen Reiches dienen. Sozusagen als Wahlhilfe. Diese Regeln beinhalteten die wesentlichen Forderungen zum Erreichen eines größeren Einvernehmens unter den wahlberechtigten Fürsten. Solidarität und das Erzielen eines breiteren Konsenses sollte gefördert werden.

In der Hierarchie deutscher Reichsfürsten galten

  • der König von Böhmen,
  • der Herzog von Sachsen,
  • der Markgraf von Brandenburg und
  • der Pfalzgraf der Rheinpfalz

als die vier vornehmsten und bedeutendsten Exponenten. Als Pendant zu diesen weltlichen Fürsten wurden die

  • Erzbischöfe von Mainz, Trier und Köln

gesehen.

Diese sieben Repräsentanten waren die mit/in der "Goldenen Bulle" festgeschriebenen Kurfürsten, die ab 1356 zur Wahl (kur = Kür) deutscher Könige und/oder Kaiser berechtigt waren.

Zum anderen wurde in der Goldenen Bulle Kaiser Karls IV. zum ersten Mal ein in der damaligen Gesellschaft über Jahrhunderte gewachsenes Recht schriftlich fixiert.

Die in der Goldenen Bulle niedergeschriebenen Beschlüsse zur Wahl römisch-deutscher Könige sowie der darin festgehaltenen Auflagen an die Stellung der sieben Kürfürsten, wurden 1356 von Kaiser Karl IV. auf den Reichstagen in Nürnberg und Metz veranlasst.

Den als Goldene Bulle bezeichneten Gesetzeserlass schmückt eine goldene Kapsel mit kaiserlichem Siegel, das ihn, den Kaiser, mit Krone, Zepter,  Reichsapfel und dem Wappen des Reiches sowie Böhmens darstellt.

Nachfolge

Wer war Wenzel IV. von Luxemburg? 

Karls IV. Sohn aus dessen dritter Ehe.

Wenzel IV. (1361-1419),

  • bereits als Zweijähriger zum König von Böhmen und zwei Jahre vor dem Tod des Vaters 1376 zum römisch-deutschen König gewählt und gekrönt,

wurde, in einhelliger Übereinstimmung der katholischen Geistlichkeit mit den Adelsfamilien, 1400 wegen seines ausschweifenden Lebenswandels, mehr noch wegen seiner Unfähigkeit,  seines Amtes enthoben.

Zwar blieb Wenzel bis zu seinem Dahinscheiden 1419 böhmischer König, römisch-deutscher König dagegen wurde 1410 ein gewisser Jobst von Mähren und ein Jahr später dann Wenzels Halbbruder Sigismund, der 1419/1420 außerdem die Funktion des Königs von Böhmen übernahm.

Wer war Sigismund von Luxemburg?

Karls IV. Sohn aus dessen vierter Ehe sowie Halbbruder Wenzels von Böhmen.

Sigismund (1368-1437) wurde/wird in der Geschichte etwas stiefmütterlich abgehandelt. Und doch gehört er fraglos zu den bedeutenderen Herrschern des Spätmittelalters. Außerordentlich gebildet, sprachbegabt und beharrlich setzte sich Sigismund während seiner Regierungszeit – zum Beispiel – vehement für die

  • Beendigung des so genannten Abendländischen Schismas ein,
  • machte sich zum Anwalt sowohl einer Kirchen-, als auch Reichsreform,
  • wehrte die Osmanen ab,
  • musste sich aber auch zwischen 1419 bis 1436 in fünf Reichskriegen – die sämtlich zu Gunsten der revolutionären Glaubenskrieger des Theologen und Reformers Jan Hus ausgingen – mit den Hussisten herumschlagen,
  • war maßgeblich an der Durchführung der Konzile von Konstanz (von 1414 bis 1418) und Basel (von 1431 bis 1449) beteiligt,
  • wurde 1431 König von Italien und schließlich
  • 1433 von Papst Eugen IV. (1383-1447) zum römisch-deutschen Kaiser gekrönt.

Die gut siebzehn Jahre währenden Hussistenkriege waren beendet, Sigismund mit Gattin und Getreuen im August 1436 wieder zurück in Prag, musste er sich einer nicht unerheblichen Schar an Unruhestiftern und potenziellen Umstürzlern stellen. Intriganz, Loyalität und Verrat beherrschten den Hof. Um die Dinge zu seinen Gunsten zu wenden, also einem Putsch zuvorzukommen, verließ Sigismund mit Gefolge Prag. Unterwegs in Mähren zu Albrecht V., Herzog von Österreich und Sigismunds Schwiegersohn, den er als seinen Nachfolger favorisierte, verstarb Sigismund im Dezember 1437 in Znojmo/Tschechien.

Zerfall

Wer folgte auf die Luxemburger-Dynastie?

Mit dem Tod des letzten der luxemburgischen römisch-deutschen Könige und Kaiser, der zwar schlauer, diplomatischer und erfolgreicher als sein Bruder Wenzel war, zerfiel die immerhin von 1308 bis 1437 andauernde Vormachtstellung der Luxemburger als dominierende Herrscherdynastie des Heiligen Römischen Reiches.

Habsburger-Dynastie

Fortan, mit einer flüchtigen Unterbrechung, nahm die Donaumonarchie der Habsburger das Heft in die Hand – bis zur Auflösung des Heiligen Römischen Reiches durch den von Napoleon I. initiierten Rheinbund 1806 ...

Zur Orientierung

Wie viele Karls IV. gab es eigentlich?

Von einiger Bedeutung gab es fünf IV. Karls, von denen Karl IV. (1316-1378) aus dem Adelsgeschlecht der Luxemburger der prominenteste Herrscher des späten Mittelalters war.

Karl IV. 

Ab 1346 regierte er als römisch-deutscher König,

  • ab 1347 als König von Böhmen,
  • ab 1355 von Prag/Tschechien aus als römisch-deutscher Kaiser und
  • ab 1365 auch noch als König von Burgund.

Weitere Karls IV.

Keinesfalls sollte man ihn verwechseln mit

Karl IV. dem Schönen (1295-1328)

  • der – von 1322 bis zu seinem Tod – König von Frankreich und Navarra (im Norden Spaniens) war,

Karl IV., Graf von Maine (1414-1472)

  • aus einer Region in Frankreich, die heute "Pays de la Loire" (Hauptstadt: Le Mans) heißt,

Karl IV. (1436-1481)

  • als Karl V. Graf von Maine, ab 1480 Karl IV. Herzog von Anjou,

Karl IV., Herzog von Lothringen (1604-1675)

  • der im lothringisch-französischen Miteinander nicht immer glücklich agierte,
  • sich vor, während und nach dem Dreißigjährigen Krieg zur Erhaltung seines Herzogtums politisch wechselnde Verbündete suchte,
  • letztlich aber 1675 in der Schlacht an der Konzer Brücke (Moselbrücke bei Konz/Rheinland-Pfalz) doch den Kürzeren zog
  • und nur wenig später an einer nicht eindeutig geklärten Krankheit verstarb.

Karl IV., Pfalzgraf und Kurfürst von der Pfalz (1724-1799)

  • zuvor Herzog Karl Theodor aus der Pfalz/Sulzbach

Karl/Carlos IV. (1748-1819)

  • der zwar von 1788 bis 1808 König von Spanien war, die Regierungsgeschäfte aber lieber seiner Gattin überließ, um sich ausgiebig seiner Jagdleidenschaft widmen zu können,
  • im Zuge der napoleonischen Kriege gezwungen wurde, seine spanische Königskrone an den Bruder Napoleons, Joseph Bonaparte, abzugeben,
  • sich daraufhin auf die Flucht begab. Zuerst nach Aranjuez, einer von Madrid nur relativ wenige Kilometer entfernten Stadt, dann von dort – gemeinsam mit seiner Frau und deren Liebhaber – 1808 nach Frankreich,
  • und 1819 im Alter von einundsiebzig Jahren in der Ewigen Stadt Rom verstarb.

Und dann war da noch

Karl IV., König von Ungarn, Kroatien und Böhmen (1887-1922) – ab 1918

  • zuvor von 1916 bis 1918 als Karl I. letzter regierender österreichischer Kaiser
  • 2004 von Papst Johannes Paul II. (1920-2005) seliggesprochen.

Quellen:

  • "Karl IV." (Ferdinand Seibt/Süddeutscher Verlag München)
  • "Prag" (Götz Fehr, Werner Neumeister/Verlag Callwey München)
  • "Prag" (Johanna Baronin Herzogenberg/Prestel Verlag München)
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