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Die Ottonen bis zu Heinrich I. dem Vogler

Warum wurden die Ottonen auch Liudolfinger genannt? Wer war der Vater von Heinrich I.? Und warum hatte Heinrich I. den Beinamen "der Vogler"? Diese und weitere Fragen möchten wir in diesem Beitrag beantworten.

Voraus geschickt

Karolinger, Konradiner, Ottonen – wer folgte auf wen?

Karolinger

Karl dem Dicken (876-888), Sohn Ludwigs des Deutschen (806-876) und Arnulf von Kärnten (850-899) war es zwar gelungen, das fränkische Reich kurzfristig wieder zu vereinen, allerdings hatten ihre Bemühungen keinen nachhaltigen Bestand. Mit dem Hinscheiden Ludwigs dem Kind (893-911) im Jahre 911, war die Dynastie der Karolinger dann sozusagen Geschichte. 

Konradiner

Die aus dem karolingischen Frankenreich entstandenen fünf, von Adelsfamilien regierten, Königreiche waren:

  • West- und Ostfranken,
  • Hoch- und Niederburgund sowie
  • Italien.

Die Konradiner waren ein westfränkisches Adels- und Herrschergeschlecht. Der Name ist abgeleitet von den zwei Konrads:

  • Konrad dem Älteren (??-906), Graf diverser Grafschaften und  
  • Konrad dem Jüngeren (881-918), gleichnamiger Sohn des Älteren

In Ostfranken, bestehend aus den Stammesherzogtümern Franken, Sachsen, Bayern und Schwaben, war – wie gesagt – Ludwig das Kind verstorben. Ein Nachfolger musste her. Zwei Kandidaten standen zur Debatte:

  • Karl (III.) der Einfältige (879-929) aus dem Haus der inzwischen mehr oder weniger bedeutungslos gewordenen Karolinger und eben
  • Konrad der Jüngere.

Das herzögliche Wahlkomitee entschied sich für Letzteren. Der Konradiner wurde 911 in Forchheim zum König des Ostfränkischen Reiches gewählt. In seinen sieben Regierungsjahren kämpfte er nicht nur innenpolitisch gegen die Stammesfürsten, sondern außenpolitisch auch noch gegen die Ungarn. In beiden Fällen blieb er mehr oder weniger glück- und erfolglos.

Als Konrad 918 sein Ende nahen fühlte, soll er (angeblich) seinen Bruder Eberhard gebeten haben, auf die Nachfolge zu verzichten und stattdessen dem Liudolfinger Heinrich I. die Königswürde anzutragen.

Ottonen

Mit der auf Konrad folgenden Herrschaft der Ottonen, verlor die Familie der Konradiner zunehmend an politischer Bedeutung. Etwa zur Mitte des elften Jahrhunderts war es mit ihnen vorbei. Das Herrscherhaus starb aus. Auch mangels Nachwuchs. 

Mit ihnen, den Ottonen, ging erstmals der Begriff "Reich der Deutschen" einher. So gilt Otto I. der Große in der Geschichtsschreibung als "Urvater der Deutschen".

Herrschergeschlecht

Wer waren die Ottonen?

Ursprünglich waren die Ottonen Luidolfinger. Das war ein (nieder-)sächsischer Stamm aus der Gegend um Gandersheim, der sich zur Zeit der Franken unter Karl dem Großen christianisieren ließ, um so zum Adel aufsteigen zu können.

Der erste dieser sächsischen Herzöge, der geschichtlich nachweisbar ist, hieß Luidolf. Seine Familie waren die Liudolfinger. Liudolf hatte, so heißt es, möglicherweise bis zu zwölf Kinder. Acht von ihnen sind namentlich bekannt, von denen der Sohn

  • Otto der Erlauchte (um 866-912) der Vater Heinrichs I. war, 

und die drei Töchter

  • Hathumod (840-874),
  • Gerberga (??-897) 
  • Christina (??-920),

nacheinander dem Stift Gandersheim als Äbtissinnen vorstanden.

Allen drei gemeinsam ist, dass sie die Familiengeschichte zu Papier brachten und sich für die Weiterführung ihrer Aufzeichnungen durch die ihnen nachfolgenden Klostervorsteherinnen stark machten.

Später, zur Zeit Ottos I. (912-973), haben diese klösterlichen Aufzeichnungen die Nonne Hrotsvitha (Roswitha von Gandersheim) zu einem epischen Gedicht über die Geschichte des Klosters bis etwa 919 inspiriert.

Was lässt sich über Otto "den Erlauchten" sagen?

Otto, in der Geschichtsschreibung mit dem Zusatz "der Erlauchte" oder "der Erhabene" bezeichnet, war, wie schon gesagt, einer der Söhne des (nieder-)sächsischen Herzogs Liudolf, stammte also aus dem Geschlecht der so genannten Luidolfinger.

Bedingt durch seine Vermählung mit einer gewissen Hadwig, die einer vornehmen und einflussreichen ostfränkischen Familie entstammte, war Otto sowohl als

  • Graf im Eichsfeld (heute gleichnamiger Landkreis im Nordwesten Thüringens), als auch als
  • Abt von Hersfeld (Hessen)

eine angesehene Größe in den Jahren des Niedergangs der Karolinger.

Als mit dem Tod Ludwigs dem Kind 911 die Linie der Karolinger den Weg allen Irdischen ging – also zu Ende war – und Otto dem Erlauchten die Nachfolge angetragen wurde, lehnte der dankend ab. Statt seiner wurde Konrad I. aus dem Haus der Kapetinger zum König des ostfränkischen Reichs gewählt. Ein Jahr später, 912, verstarb Otto. Er wurde in der Stiftskirche Gandersheim beigesetzt.

Er hinterließ eine Tochter und drei Söhne, von denen Heinrich I., der Vogler, 919 König des Ostfrankenlandes wurde.

Wer erhob die Liudolfinger zu Macht und Würden?

Mit dem Tod Ottos des Erlauchten 912, übernahm Heinrich I. die sächsische Herzogswürde.

Aber schon bald – etwa gegen Ende des 10. Jahrhunderts – wurden die Liudolfinger Ottonen genannt. Das wiederum ist der damaligen Sitte geschuldet, nach der oft die wesentlichen Vertreter einer Dynastie Namensgeber wurden. Und in der ursprünglichen Familie der Luidolfinger, gab es über die Zeit ihrer Herrschaft immerhin vier Ottos, nach denen die Ottonen Ottonen genannt wurden:

Von wann bis wann herrschten die Ottonen?

Von 919 bis 1024!

Bereits zur Zeit der Karolinger gab es (nieder-)sächsische Herzöge. Als der letzte ostfränkische Karolinger, Ludwig (IV.) das Kind, 911 verstarb, und der Herzog von Franken aus der Familie der Konradiner, Konrad I. der Jüngere, glücklos agierte, wurde nach dessen Tod 918 der Luidolfinger

  • Heinrich I. der Vogler, Sohn des (nieder-)sächsischen Herzogs Luidolf, 919 zum König gewählt.

Auf Heinrich folgten:

Da Otto III. kinderlos verstarb, setzte sich im üblichen Nachfolgehickhack sein Cousin Heinrich II. der Heilige (etwa 973/978-1024) aus der bayerischen Nebenlinie der Ottonen durch. Mit Heinrich II. dem Heiligen endete dann 1024 die über einhundertjährige Regentschaft der Ottonen.

Herkunft Heinrichs I.

Wer war Heinrich I., der Vogler (etwa 876-936)?

Heinrich I., aus dem (nieder-)sächsischen Adelsgeschlecht der Luidolfinger, gilt als erster König der Ottonen! 

Seine Familie hatte es – durch Wohlverhalten während und, im Besonderen, nach Karls des Großen Sachsenkriegen (772-804) – nicht nur in den Adelsstand geschafft, sondern im west- und nördlichen Harzvorland auch zu nicht unerheblichem Grundbesitz gebracht.

Sachsen

Wenn im Zusammenhang mit dem Mittelalter von Sachsen die Rede ist, hat das nichts mit dem heutigen Bundesland, dem Freistaat Sachsen, zu tun. Unter den Sachsen zu Zeiten Karls des Großen sowie auch der Liudolfinger/Ottonen, sind vielmehr die Vorfahren der heutigen Niedersachsen zu verstehen. Die Stämme der (Nieder-)Sachsen lebten seinerzeit – weit gefasst – im Nordwesten der heutigen Bundesrepublik und im östlichen Teil der heutigen Niederlande.

Fakt oder Legende

Im Jahre 912 wurde Heinrich Herzog von Sachsen und dann, 919, in Fritzlar zum König des Ostfrankenreichs gekürt. Und zwar mit Zustimmung des kurz zuvor verstorbenen letzten Frankenkönigs Konrad I. Der hatte nämlich (angeblich) – wie bereits weiter oben erwähnt – im Vorhinein, da soll er schon auf dem Sterbebett gelegen haben, seinem Bruder Eberhard das Versprechen abgenommen, Heinrich zu seinem Nachfolger zu erheben.

Ob sich nun diese Geschichte mit Konrad, Eberhard, Heinrich und dem Sterbebett tatsächlich so zugetragen hat, weiß man nicht genau. Kann sein, kann auch nicht sein.

Woher stammt Heinrichs I. Beiname "der Vogler"?

Der Namenszusatz "der Vogler" ist nicht bewiesen, entstammt der Legende und soll – so heißt es – in Wirklichkeit auf das 1835 von Johann Nepomuk Vogl verfasste Gedicht "Herr Heinrich sitzt am Vogelherd" zurückzuführen sein.

Vogelherd

Vogelherd wird ein Platz genannt, an dem – bis weit in die heutige Zeit hinein (in Italien zum Beispiel) – sogar herrschaftliche Gesellschaftsschichten gern mit Leim und Netzen auf Vogeljagd gehen. Entweder wandern die gefiederten Freunde in den Kochtopf oder, wenn sie zum Beißen nicht genug hergeben, zur zwitschernden Erbauung der Vogelliebhaber in den Käfig.

Wie wurde Heinrich I. zum Ottonen?

Als Heinrich 919 in Fritzlar – unter Verzicht auf die Königssalbung und somit sozusagen als "primus inter pares" – zum König des Ostfrankenreichs gekürt wurde, war er im Sinne des Begriffs eigentlich noch kein Ottone.

Zwar wurde bereits zu Zeiten der drei nach Heinrich aufeinander folgenden Ottos (des I., II. und III.) von den sogenannten drei Ottonen gesprochen, dieser Ausdruck aber erst im Nachhinein in den allgemeinen Sprachgebrauch übernommen.

Später wurde die Bezeichnung Ottonen von Historikern sogar sowohl auf

  • Otto I. den Erlauchten – Herzog von Sachsen,

als auch auf

angewandt.

Herrschaftsantritt

Wurde Heinrich I. als König akzeptiert?

Nicht von gleich auf jetzt! Zu Beginn schien den Zeitgenossen seine Regentschaft irgendwie befremdlich. Denn immerhin wurde da 919 jemand König in einem Gebiet, das zuvor Teil des Frankenreichs unter den Karolingern gewesen war.

Und zu allem Überfluss war der Mann auch noch weder Franke noch Karolinger, sondern aus (nieder-)sächsischem Adel. Also einem Volksstamm, der sich anfangs – unter anderen – unter dem Sachsenherzog Widukind vehement gegen Karls des Großen Christianisierung gestemmt, dann aber anders entschieden hatte und, wegen seiner Unterstützung Karls des Großen im Zuge von dessen Sachsenkriegen, zu adeligen Pfründen gekommen war.

Schwaben und Bayern

Jetzt, nach Heinrichs Wahl zum "ersten deutschen" König, opponierten im Besonderen noch die Schwaben und Bayern gegen ihn.

Die Anerkennung des Schwabenherzogs Burkhard/Burchard II. (um 884-926) und des Gegenkönigs Arnulf I. von Bayern (??-937), erlangte Heinrich erst durch seine erfolgreich abgeschlossenen Auseinandersetzungen. Bayern mit diplomatischen Mitteln, Schwaben mit militärischen. Trotz dieses Schlagabtausches betraute Heinrich später aber beide später dennoch mit wichtigen und bedeutenden Ämtern.

Kampfhandlungen und Eroberungen

Wer sorgte in Heinrichs I. Reich für erhebliche Unruhe?

Das waren die Ungarn/Magyaren, die vorzugsweise die vier Herzogtümer Schwaben, Bayern, Franken und Sachsen des ostfränkischen Reiches okkupierten.

Zur Zeit Heinrichs waren das Reiterhorden, die gegen Ende des 9. Jahrhunderts – aus Russland kommend und sich unter ihrem Anführer Àrpád (etwa 850-907) im heutigen Ungarn festsetzend – raubend, plündernd und mordend über das seinerzeitige Europa herfielen.

Verwandte Völker der Magyaren waren die bereits aus der Antike bekannten

  • Skythen,
  • die im 4. und 5. Jahrhundert in Europa einfallenden zentralasiatischen Hunnen sowie die
  • Awaren, ebenfalls aus Zentralasien kommend.

Was führte zum ersten Rückzug der Ungarn?

Ein klug, listig und abwartend agierender Heinrich!

Dem Ansturm der marodierenden ungarischen Reiterhorden hatten die deutschen Herzöge nichts entgegenzusetzen. Sie waren militärisch einfach nicht genügend ausgerüstet. Diesen ungünstigen Umstand hat Heinrich I. schnell erkannt.

Statt sich und seiner bescheidenen Wehrkraft nun nicht von den wüsten Typen die Köpfe einschlagen zu lassen, entschied Heinrich sich für eine unblutige Alternative. Er betrieb die Freilassung eines ungarischen Heerführers, zahlte Tribut und – man glaubt es nicht – die Magyaren zogen sich für neun Jahre in die ungarische Tiefebene zurück.

Eine Zeit, die Heinrich zur militärischen Umgestaltung seines Reiches nutzte. Der Ausbau einfach und schlicht ausgestatteter Fliehburgen wurde vorangetrieben, der Bau zusätzlicher befestigter Wehrburgen (Burgenordnung) und Wallanlagen eingeleitet und  – begünstigt durch den Tod des schwäbischen Herzogs Burchard/Burkhard 926, dessen Gebiete Heinrichs Vetter namens Hermann zufielen – die zentrale Machtstellung Heinrichs weiter ausgebaut.

Darüber hinaus wurde das Militär reformiert, verstärkt und so in die Lage versetzt, sich in weiteren Streitigkeiten erfolgreich durchzusetzen.

Wodurch erweiterte Heinrich seinen Machtbereich?
  • 928/29 mit der Niederschlagung der Elbslawen und der Böhmen.
  • 933, als die Magyaren/Ungarn erneut brandschatzend in Thüringen einfielen, schlugen Heinrichs Einheiten die Eindringlinge – vermutlich in der Gegend unweit von Merseburg an der Saale/Sachsen-Anhalt (Schlacht bei Riade) – derart vernichtend, dass sie sich für die nächsten gut zwanzig Jahre nicht wieder blicken ließen.

Damit nicht genug, eroberte Heinrich

  • Brennabor (Brandenburg),
  • gründete die Burg Meißen und nahm
  • 934, auf seinem Dänenfeldzug, Haithabu an der Schlei (Schleswig-Holstein) in Besitz.

Alles Umstände, die Heinrichs I. eh schon guten Ruf – nämlich durch geschickte Politik das Ostfränkische Reich bis hierher zusammengehalten zu haben – endgültig festigte.

Exkurs 1

Was hatte Heinrich I. mit Wenzel von Böhmen zu tun?

Im Grunde genommen nicht wirklich viel. Und doch hatte Wenzel in seiner Funktion als sogenannter "weltlicher" Herzog, wenigstens einmal mit seinem (nieder-)sächsischen Gegenpart, dem Luidolfinger Heinrich I. dem Vogler, zu tun. Mehr oder weniger indirekt.

Heinrich I. hatte, etwa um 929 herum, den Aufstand der Elbslawen zu seinen Gunsten entscheiden können, und hätte durchaus einen Gegenschlag seitens des Herzogs Wenzel erwarten können. Der, dieser Gegenschlag, blieb aber aus. Wenzel hatte sich nach der Niederlage flugs nach Prag zurückgezogen und sich Heinrich, dem König des Ostfrankenreichs, bedingungslos unterworfen. Thema erledigt.

Wer war Wenzel von Böhmen?

Wenzel von Böhmen (etwa 908-929/935?) war Herzog und Heiliger zugleich.

Allerdings fast alles, was über ihn bekannt ist, stammt zum einen aus der Vielfalt von Legenden, die sich um ihn gebildet haben sowie zum anderen aus der Hinterlassenschaft des Geschichtsschreibers Widukind von Corvey. Wenzel stammte demnach aus einem böhmischen Fürstengeschlecht aus der Gegend um Prag herum, den Premysliden.

Mit Dreizehn oder Vierzehn, also etwa um 921/922 wurde er zum Fürsten erhoben. Drei, vier Jahre später übernahm er dann die Herrschaft in Eigenregie. Vehement setzte er sich für die

  • Christianisierung seines Herrschaftsbereiches und gegen den vorherrschenden heidnischen Glauben ein,
  • holte Mönche ins Land,
  • kümmerte sich um Verwaltungsfragen und hatte durchaus die Einsicht,
  • dass eine gut gerüstete und bestens durchorganisierte Kampftruppe Sinn macht.

Schutzpatron

Um Wenzel soll, nach seiner Ermordung durch seinen Bruder Boleslav, – nimmt man die Legenden für bare Münze – geradezu ein Kult entstanden sein. Denn, beigesetzt in der Wenzelskapelle des Veitsdomes in Prag und bereits um 970 zum "Heiligen Wenzel" erklärt, avancierte er im Laufe der Zeit zum Schutzheiligen Böhmens (heute: Tschechiens).

Mitte des 19. Jahrhunderts wurde der ehemalige Ross- bzw. Pferdemarkt in Prag in Wenzelsplatz umbenannt und ab Anfang des 20. Jahrhunderts mit einer Reiterstatue des tschechischen Schutzpatrons ausgeschmückt.

Seine Grabstätte in der St.-Veits-Kirche in Prag wurde zum Wallfahrtsort und im Jahr 2000 erklärte Tschechien seinen Todestag, den 28. September, zum Feiertag.

Die Causa Lothringen

Wie löste Heinrich I. das Tauziehen um Lothringen?

Um Lothringen wurde permanent gestritten. Sowohl West- als auch Ostfranken beanspruchten das Gebiet abwechselnd für sich. Heinrich I. machte es anders.

Er verzichtete im Freundschaftsvertrag von 921 mit dem westfränkischen König Karl dem Einfältigen (879-929) großmütig auf Lothringen, wofür er sich allerdings im Gegenzug von Karl als König des Ostfrankenreichs anerkennen ließ.

Die günstige Gelegenheit für Heinrich I. in Lothringen einzumarschieren, kam dann im Jahre 923.

Ein gewisser Herzog Robert von Franzien hatte sich zum Gegenkönig Karls des Einfältigen erhoben, was der selbstverständlich nicht durchgehen lassen konnte. Doch dann ging alles ganz schnell.

Robert wurde im Kampf getötet, Rudolf von Burgund an seine Stelle gesetzt und Karl der Einfältige gefangen genommen. Diese Situation ausnutzend, unternahm Heinrich I. jetzt diverse Feldzüge gegen Lothringen – bis 925 Giselbert, wichtigster Herzog von Lothringen (etwa 890-939), die Faxen dicke hatte.

Giselbert erkannte Heinrichs I. Herrschaft an, heiratete dessen Tochter Gerberga und Lothringen wurde auf diesem Wege zum fünften Herzogtum des Ostfrankenreichs.

Lothringen – wie entstand es und wo liegt es?

Lothringen war unter anderen ein Gebiet des sogenannten "Mittelreiches", das auch "Lotharii Regnum" (Reich Lothars) genannt wurde. Dieser Landstrich war mit der Teilung des Frankenreiches – 843 im Vertrag von Verdun – an Lothar I. (795-855) gefallen.

Im Jahre 870 teilten dann Ludwig der Deutsche (806-876) und Karl der Kahle (823-877) das Mittelreich ein weiteres Mal unter sich auf, wobei der "deutsche" Ludwig den östlichen Teil Lothringens erhielt.

Im Laufe weiterer Jahrhunderte unterlag das Gebiet einer wechselhaften Geschichte.

Mal gehörte Elsass-Lothringen zu Frankreich, dann wieder zu Deutschland. Nach dem

  • ersten Weltkrieg wurde es 1918 im Vertrag von Versailles eindeutig Frankreich zugeschlagen,
  • im Zweiten Weltkrieg kurzfristig wieder von Deutschland besetzt, um dann schließlich
  • ab 1945 endgültig wieder zu Frankreich

zu gehören.

Heute ist Lothringen – mit der "Hauptstadt" Metz – eine der zweiundzwanzig Regionen Frankreichs im Nordosten des Landes gelegen, und hat Grenzen zu Belgien, Luxemburg und Deutschland. Der Osten der Region stößt an das Elsass.

Persönliches Lebensumfeld

Wie oft war Heinrich I. verheiratet?

Zweimal.

Das erste Mal mit der Tochter eines angesehenen und vermögenden Grafen aus Merseburg (Sachsen-Anhalt) namens Hatheburg. Für Hatheburg war es bereits die zweite Ehe. Zwischen ihren beiden Ehen wirkte sie als Nonne im Kloster.

Dieser Tatbestand missfiel den kirchlichen Amtsträgern:

  • Die Ehe mit Heinrich wurde annulliert,
  • Hatheburg zurück ins Kloster geschickt,
  • der gemeinsame Sohn Thankmar Jahre später mit knapp vierzig Jahren auf der Eresburg erschlagen,
  • das in die Ehe gebrachte Vermögen Hatheburgs allerdings von Heinrich einbehalten.

Die zweite Gattin Heinrichs war Mathilde von Ringelheim (895-968). Tochter eines sächsischen Grafen und ebenfalls gut betucht.

Von Mathilde, die er 909 geehelicht hatte, bekam Heinrich fünf Kinder:

  • die Töchter Gerberga und Hadwig sowie die
  • Söhne Otto (Kaiser Otto I. der Große),
  • Heinrich (Herzog von Bayern) und
  • Brun (Erzbischof von Köln).

Erbschaftsregelung

Was ist unter Heinrichs I. "Hausordnung" zu verstehen?

Heinrich I. hatte – durchaus unüblich zu einer Zeit, in der Herrschaftsbereiche in der Nachfolgeregelung bis dahin immer unter allen legitimen Söhnen aufgeteilt wurde – lediglich seinen erstgeborenen Sohn Otto, den er für den Qualifiziertesten hielt, zu seinem Nachfolger bestimmt.

Mit einem darüber hinaus von Heinrich bereits zu Lebzeiten verfassten Urkundentext, schuf er gleicherweise eine Rechtsgrundlage für die Versorgung seiner Gemahlin Mathilde.

Und, im Beisein hoher Würdenträger aus Staat und Kirche sowie seines Sohnes Otto (I), ließ Heinrich 929 seine Weisung, die, wie gesagt, auch seinen erstgeborenen Sohn Otto zu seinem Nachfolger einschloss, in Quedlinburg sozusagen für rechtskräftig erklären.

Wissenschaftlich wird Heinrichs Urkunde mit dem Begriff "Hausordnung" belegt. Oder, anders ausgedrückt: Mit der in seiner Urkunde festgehaltenen Erbschaftsverfügung für Mathilde "ordnete Heinrich sein Haus".

Tod und Hinterlassenschaft

Wo starb Heinrich I. – und was hat er hinterlassen?

Als Heinrich 936 in der Kaiserpfalz Memleben (Sachsen-Anhalt) verstarb und in Quedlinburg (Landkreis Harz/Sachsen-Anhalt) beigesetzt wurde, hinterließ er ein über alle deutschen Stämme geeintes Reich.

Heinrich I. gilt heute nicht nur als Begründer der sächsischen Königsdynastie und als "erster deutscher König", sondern im weitesten Sinne auch als Vorbereiter des späteren Heiligen Römischen Reiches (Deutscher Nation).

Wo sind heute (angeblich) noch Spuren Heinrichs I. zu finden?

Mindestens vier bis fünf Orte nehmen heute für sich in Anspruch, den Ort ausgemacht zu haben, wo – der Ballade des österreichischen Dichters Johann Nepomuk Vogl (1802-1866) nach – der gute Heinrich vorzugsweise gesessen haben und seinem Hobby nachgegangen sein soll.

Zwei dieser Orte sind zum Beispiel:

  • Pöhlde bei Herzberg im Harz, wo die Reste einer Burganlage mit dem Hinweis: "König Heinrichs Vogelherd" zu besichtigen sind sowie in
  • Quedlinburg, wo der "Finkenherd" (darunter ist der mit Fachwerkhäusern bestückte Weg vom Schlossplatz zur Altstadt plus des kleinen Hauses Nr. 1 gleichen Namens zu verstehen) als der Ort festgemacht wird, an dem Heinrich seine Vogelnetze ausgespannt haben soll.

Beide Orte verweisen darauf, dass Heinrich I. dort nicht nur seine Vogelfallen aufgestellt hat, sondern ihm 919 an dieser Stelle (angeblich) von heranreitenden Boten des Konradiners und Ostfrankenkönigs Konrad I. auch die Königswürde angetragen worden sein soll. Was schon aber schon deshalb nicht wirklich stimmen kann, weil Konrad bereits 918 verstorben war …

Residenz

Was hat die Stadt Gandersheim mit den Ottonen zu tun?

Gandersheim wurde 852 vom Sachsenherzog Luidolf gegründet. Nicht sofort die Stadt, versteht sich, aber doch ein Stift. Genauer gesagt: Ein Familienstift – was in etwa einem Kloster entspricht, das von den adeligen Gründerfamilien finanziell ausgestattet und unterstützt wurde.

Große Bedeutung, unter anderem auch als Begräbnisstätte, erreichte das Stift Gandersheim zur Zeit der Ottonen, trat aber ab 936 mit dem durch Otto I. gegründeten Stift Quedlinburg – sozusagen – in Konkurrenz.

Nach der zwischen 935 und 973 lebenden Kanonissin des Stifts Gandersheim, Roswitha (Roswitha von Gandersheim), die heute als erste deutsche Dichterin gilt und eine glühende Verehrerin Ottos I. (des Großen) war, trägt Bad Gandersheim auch den Beinamen „Roswithastadt“.

Seit 1932 ist die im Kreis Northeim/Niedersachsen gelegene Stadt mit etwa 10500 Einwohnern "Bad" – nämlich Bad Gandersheim.

Wie kamen die Ottonen nach Quedlinburg?

Alles begann, so siehts aus, mit Heinrich I., dem Vogler, der wesentlich dazu beigetragen hat, den Bekanntheitsgrad Quedlinburgs schon zu seiner Zeit erheblich zu steigern. In einer Urkunde Heinrichs I. von 922, wird Quedlinburg zum ersten Mal erwähnt.

Mit der Hinwendung Heinrichs (und seiner Nachfolger) zu Quedlinburg, einem weiteren Stammsitz der Familie, wurde der bis dahin beschauliche Flecken bevorzugter Aufenthaltsort der Sachsenkaiser. Gleichzeitig verlor das bisherige Zentrum der Dynastie um Gandersheim (heute: Bad Gandersheim) herum zunehmend an Bedeutung.

Quedlinburg dagegen wurde zum wichtigen Mittelpunkt der von 919 bis 1024 währenden ottonischen Herrschaft.

Heinrich schenkte seiner Frau Mathilde neben einer Reihe anderer Örtlichkeiten nicht nur Quedlinburg zur – heute würde man sagen – Altersabsicherung, sondern erkor den Ort sogar zu seiner Lieblingspfalz, und fand hier 936 schließlich seine letzte Ruhestätte.

Im Jahr 936 gründete Otto I. – auf Zureden seiner Mutter Mathilde – auf dem Burgberg das großzügig mit Latifundien ausgestattete

  • Frauenstift (Stift Quedlinburg) – unter anderem gedacht zum Gedenken an den verstorbenen Heinrich I.,
  • hielt kurz vor seinem Tod (im März 973) einen der bis dahin prächtigsten Reichstage ab und hatte großen Anteil an
  • gesammelten und in der Stiftskirche St. Servatii ausgestellten Reliquien.

Mit dem 994 durch Otto III. verliehenen Markt-, Münz- und Zollrecht an die Äbtissin Mathilde (955-999) – Schwester Ottos II. und Tante Ottos III. –, stand einer weiteren Entwicklung Quedlinburgs nichts mehr im Wege. Es ging aufwärts. Quedlinburg boomte. Mehr oder weniger. In der Zeit zwischen 922 bis 1027 sind wenigstens neunundsechzig Aufenthalte deutscher Könige und Kaiser in heute noch erhaltenen Quedlinburger Urkunden nachzulesen.

Jahre später (zum Beispiel):

  • 1129 wurde die neu erbaute Stiftskirche durch König/Kaiser Lothar III., von Süpplingenburg (1075-1137) eingeweiht,
  • 1426 bis 1477 war Quedlinburg Mitglied der Hanse,
  • 1539 hielt Luthers Reformation Einzug in die Stadt – Quedlinburg wurde protestantisch,
  • 1993 Rückführung des im Zuge des 2. Weltkrieges verschollenen Domschatzes aus den USA.

Nachdem zur DDR-Zeit glücklicherweise ein Abriss der historischen Altstadt aus Geldmangel vermieden werden konnte, steht die Stadt im Landkreis Harz/Sachsen-Anhalt mit ihren etwa 28.500 Einwohnern seit 1994 auf der UNESCO-Liste des Weltkulturerbes.

Heute hält ein 2007 in der Stadt darüber hinaus aufgestelltes Denkmal das fiktive Ereignis mit dem Vogelherd und Heinrichs I. Vogelfängerei fest. Standortmäßig (Turnstraße) allerdings um gute eineinhalb Kilometer vom zu Füßen des Burgberges gelegenen "Finkenherd" entfernt, wo die Begebenheit der Herrschaftsübergabe an den Vogelfänger Heinrich der Sage nach eigentlich stattgefunden haben soll.

Autor:

Quellen:

  • "Deutsche Geschichte für Dummies" (Christian v. Ditfurth/Wiley-VCH Verlag, Weinheim)
  • "Deutsche Geschichte" (Heinrich Pleticha, Hg./Bertelsmann Lexikon Verlag)
  • "Die deutschen Cäsaren" (S, Fiscxher-Fabian/Droemer Knaur Verlag)
  • "Quedlinburg: Der Stadtführer" (Wolfgang Hoffmann/Schmidt-Buch-Verlag)
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