Welche Auswirkungen hatte die Völkerwanderung für das Römische Reich?
- Aktualisiert: Freitag, 11. Februar 2022 13:43
Existenzielle! Denn letztlich trug die in zwei Phasen ablaufende Völkerwanderung, neben einer Reihe weiterer Gründe, zum Ende des Römischen Reiches bei.
1. Phase
Wenn man so will, hatten die germanischen Wanderungsbewegungen bereits mit den etwa um 120 v. Chr. vor zunehmenden Überflutungen, Missernten und Hungersnöten fliehenden Kimbern und Teutonen begonnen, die dann erstmals gegen Ende des 2. Jahrhunderts v. Chr. (113 v. Chr. in der Schlacht bei Noreia) auf einen Vorposten der Römischen Republik stießen, um dann wenige Jahre später – trotz ihrer zuvor errungenen Siege
- 107 v. Chr. bei Agen (Aquitanien/Frankreich) und
- 105 v. Chr. bei Arausio (Orange/Südfrankreich)
gegen die Römer –
- 102 v. Chr. in der Schlacht bei Aquae-Sextiae (Aix-en-Provence/Südfrankreich)
von diesen ins endgültige Aus der Geschichte geschickt zu werden.
Knappe dreihundert Jahre darauf (166 n. Chr.) war es der Philosophenkaiser Marc Aurel (121-180 n. Chr.), der es unter anderen mit den – den römischen Verteidigungswall (Limes) durchbrechenden – Markomannen und Langobarden zu tun bekam.
Und, obwohl Rom sich (teils auch durchaus mit Erfolg) um ein friedliches Miteinander zwischen Germanen und Römern bemühte (Integration der Germanen in die römische Gesellschaft, Kultur und das Militär), war das Römische Reich durch die ständig weiter anhaltenden Germaneneinfälle – zum Beispiel der:
- Sueben 58 v. Chr.
- Chatten 171 n. Chr.
- Alemannen 213 n. Chr.
- West- und Ostgoten etwa ab 236 n. Chr.
- Franken ab 257 n. Chr. –
bereits erheblich angeschlagen, als 375 mit der Vertreibung der Ost- und Westgoten aus ihren Siedlungsgebieten (Südosteuropa) durch Attilas Hunnenhorden die so genannte
2. Phase
der Völkerwanderung eingeläutet wurde.
Wie es somit aussieht, scheinen es tatsächlich die Hunnen gewesen zu sein, die den Vormarsch der Melange unterschiedlichster, manchmal sogar unter sich zerstrittener und in weiten Teilen inhomogener Germanenstämme veranlassten.
Der Anfang vom Ende
So drangen nach der Schlacht bei Adrianopel (heute: Edirne/Türkei)
- 378 beispielsweise die Westgoten ins Römische Reich vor;
- 406 strömten Vandalen, Sueben und Alanen nach Gallien;
- im August 410 – kurz vor seinem Dahinscheiden in Cosenza (Kalabrien/Italien) – ließ der Westgotenkönig Alarich (um370-410) Rom plündern und
- ab 450 begannen Jüten, Dänen, Angeln und Sachsen in England zu siedeln.
Die Luft wird dünner
Zwar besiegte der weströmische Heerführer Flavius Aétius (um 390-454) die Hunnen unter Attila 451 in der Schlacht auf den Katalaunischen Feldern, konnte aber die auf seinen Tod folgenden Großkopferten Roms anscheinend nicht ausreichend motivieren, um – beispielsweise –
- 455 entschieden gegen den Ansturm sowie die erneute Plünderung Roms, dieses Mal durch die Vandalen, oder gar
- 476 gegen die Absetzung des letzten weströmischen (Kind-)Kaisers Romulus Augustulus (um 460-476), herbeigeführt durch den weströmischen Heerführer Odoaker mit germanischem Migrationshintergrund (etwa 433-493),
vorzugehen.
Die Folgen oder: Keine Luft mehr nach oben
Odoaker wurde König von Italien, allerdings – so spielt/spielte das Leben – mit sechzig Jahren (493) von seinem ostgotischen Nachfolger Theoderich dem Großen (um plus/minus 454-526) in die ewigen Jagdgründe geschickt.
Man könnte meinen, den römischen Kaisern, die das Reich 395 bereits unter Theodosius I. (347-395) in ein West (Rom)- und Oströmisches (Byzanz/Konstantinopel) Reich geteilt hatten, wäre die Luft ausgegangen.
Das weströmische Reich war Geschichte. Neue, germanisch-romanische Reiche entstanden auf dem Gebiet des einstmals so erfolgreichen Imperium Romanum – Italien/Balkan (Ostgoten), Spanien/Frankreich (Westgoten), Nordafrika (Vandalen) sowie das Franken-, Burgunder- und Angeln-Sachsen-Reich (Britannien).
Ostrom (Byzantinisches- bzw. Oströmisches Reich) hielt sich länger. Bis 1453.
Das war das Jahr, in dem die Osmanen unter Sultan Mehmed II. (1432-1481) Konstantinopel eroberten und das Byzantinische Reich beendeten …
Quellen:
- "Die Germanen" (Norbert F. Pötzl, Johannes Saltzwedel Hg./Goldmann – Spiegel Buchverlag)
- "Die ersten Deutschen" (S. Fabian Fischer/Droemer Knaur)
- "Römisches Reich" (rororo: Das farbige LIFE Bildsachbuch)